Ermittelt der Sachverständige im Fall eines unverschuldeten Verkehrsunfalles an dem beschädigten Fahrzeug Reparaturkosten, die den Wiederbeschaffungswert des unfallbeschädigten Pkw übersteigen (Totalschaden), kann der Geschädigte dennoch sein Fahrzeug reparieren lassen, wenn die voraussichtlichen Reparaturkosten laut Sachverständigengutachten den Wiederbeschaffungswert um nicht mehr als 30 % übersteigen (insgesamt also 130 %) und das Fahrzeug weiter genutzt werden soll.
Lässt der Geschädigte den Fahrzeugschaden, der über dem Wiederbeschaffungswert, aber innerhalb der 130 Prozent-Grenze liegt, vollständig und fachgerecht reparieren, so wird der Anspruch auf Ersatz der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigenden Reparaturkosten im Regelfall nicht erst sechs Monate nach dem Unfall fällig, so BGH 18.11.2008, VI ZB 22/08.
Viele Pkw- Haftpflichtversicherungen verweigern dennoch bei den sogenannten 130 % Fällen die Zahlung der Reparaturkostenrechnung vor Ablauf von sechs Monaten nach Fertigstellung mit der Begründung, das Integritätsinteresse des Kunden werde nur dann geschützt, wenn dieser die Haltedauer von sechs Monaten nach Fertigstellung seines reparierten Fahrzeuges nachweist. Dieser Auffassung der Versicherungen ist der BGH in seinem o.a. Urteil nicht gefolgt. Die Sechsmonatsfrist sei keine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung. Sie habe lediglich beweismäßige Bedeutung.
Damit hat nunmehr der Geschädigte einen Anspruch auf Ausgleich der angefallenen Reparaturkosten nach Maßgabe der Reparaturkostenrechnung. Der Kunde muss sich also nicht mehr in den o.a. Fällen mit der Abrechnung auf Totalschadenbasis zufrieden geben. Dennoch ist der Geschädigte gut beraten, in allen Fällen mit kalkulierten Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungsaufwand (WBW./. RW) bei einer Abrechnung auf Reparaturkostenbasis eine etwaige Veräußerungsabsicht erst nach Ablauf von sechs Monaten (ab Unfalltag) zu realisieren. Andernfalls droht weiterhin eine Forderung auf Rückzahlung des über den Wiederbeschaffungsaufwand hinausgehenden Betrags.
Jedem Geschädigten, der in einem unverschuldeten Verkehrsunfall verwickelt wurde, kann daher nur geraten werden, einen Rechtsanwalt mit der Schadensregulierung zu beauftragen, der sich im Verkehrsrecht spezialisiert hat. Die dadurch entstehenden Kosten haben die Versicherungen im Fall eines unverschuldeten Unfalls zu 100 % zu übernehmen.